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Landwirtschaftlich genutzte organische Böden können sehr produktiv sein. Ihre Entwässerung führt jedoch unweigerlich zu einem Verlust von Kohlenstoff und trägt zu Treibhausgasemissionen bei. Mittelfristig sind durch den Abbau der organischen Substanz essenzielle Bodenfunktionen gefährdet. Standortangepasste Nutzungen werden zunehmend erforscht und ausgetestet.

Im 18. Jahrhundert waren schätzungsweise 100’000 bis 150’000 Hektaren der Schweizer Landesfläche mit Torfmooren bedeckt. Seither ist die Fläche auf heute etwa 30’000 Hektaren zurückgegangen, wovon rund 17’000 Hektaren landwirtschaftlich genutzt werden. Auf der Basis von Bodenkarten, Habitatkarten, Moorinventaren sowie historischen Karten und Texten hat Agroscope eine Hinweiskarte der Ausdehnung der gegenwärtigen organischen Böden erstellt (siehe Abbildung 1).
 

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Abbildung 1: Karte der organischen Böden in der Schweiz (Wüst et al. 2015); Topographie und Seen © Swisstopo


Diese Karte wird unter anderem für die Berechnung der Emissionen aus organischen Böden für das Schweizer Treibhausgasinventar verwendet. Agroscope arbeitet zurzeit daran, die Karte aufgrund neuerer Informationen zu aktualisieren.

Grosse Kohlenstoffverluste auf kleiner Fläche

Groben Schätzungen zufolge speichern die organischen Böden in der Schweiz noch rund 32 Millionen Tonnen Kohlenstoff (Wüst-Galley et al. 2020). Die Vorräte nehmen jedoch stetig ab, da durch Entwässerung Kohlenstoff durch oxidativen Abbau verloren geht. Die Emissionen belaufen sich auf 0,14 bis 0,19 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr. Dies entspricht einer Menge von jährlich etwa 0,5 bis 0,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Oder anders ausgedrückt: Auf gut 1 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche werden knapp 10 % der landwirtschaftlichen Treibhausgase emittiert.

Die mit der kostenintensiven Drainage von organischen Böden einhergehende Torfsackung kann zu einem Verlust von mehreren Zentimetern Mächtigkeit pro Jahr führen und die Bewirtschaftung erschweren. Mittel- bis langfristig wird der Landwirtschaft damit diese Produktionsgrundlage entzogen.

Betroffen sind nicht nur die ehemaligen Flachmoore im Mittelland, die intensiv acker- und gemüsebaulich bewirtschaftet werden, sondern auch ehemalige Hochmoore im Jurabogen und in den Voralpen, welche futterbaulich genutzt werden. Die Problematik des Kohlenstoffabbaus auf diesen Böden zeigt, dass die aktuelle landwirtschaftliche Bewirtschaftung weder standortangepasst noch nachhaltig ist.

Alternative Bewirtschaftungsmöglichkeiten

Die bisherigen Projekte setzen überwiegend bei den entstehenden Bewirtschaftungsproblemen an, die bei fortgeschrittener Torfsackung auftreten. Im Projekt Feuchtackerflächen erarbeitete Agroscope eine Entscheidungshilfe für die Abwägung zwischen einer Drainagesanierung und einer Wiedervernässung auf potenziellen Feuchtflächen. Im Rahmen des Ressourcenprojekts Bodenverbesserung Seeland werden basierend auf einer Defizitanalyse und einer Risikobewertung verschiedene Methoden zur Bodenaufwertung getestet.

Aus Sicht des Klimaschutzes müsste sich der Fokus vermehrt auf Standorte mit noch hoher Torfmächtigkeit richten, da hier die potenziellen Kohlenstoffverluste über die Zeit am grössten sind.

Der Erhalt von Torf aus drainierten landwirtschaftlich genutzten organischen Böden kann nach heutigem Kenntnisstand nur durch Wiedervernässung bzw. Anhebung des Grundwasserspiegels gewährleistet werden.

Häufig wird angenommen, dass damit eine weitere landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich ist. Bei gleichzeitiger Überschüttung könnte die Produktion jedoch weitergeführt werden und die Wirkung auf die Treibhausgasbilanz wäre insgesamt vorteilhaft. Auch Paludikulturen, z.B. der Anbau von Nassreis, stellen eine Option dar, welche weiterhin eine landwirtschaftliche Produktion ermöglichen würde. Diese Option bedarf jedoch noch weiterer Forschung, unter anderem hinsichtlich der Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen (siehe Abbildung 2).
 

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Abbildung 2: Gegenüberstellung möglicher Optionen zum Umgang mit organischen Böden
Bildquellen (links nach rechts): ©Brändle, Zihlmann, Chervet, ©Bärtschi


Gemäss dem Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulats 19.3639 Bourgeois und der Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung von BLW, BLV und BAFU soll auf der Basis der vorliegenden Erkenntnisse eine Entscheidungshilfe für die zukünftige Nutzung von landwirtschaftlich genutzten organischen Böden erarbeitet werden.

BLW, BLV, BAFU 2023: Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung 2050: Verminderung von Treibhausgasemissionen und Anpassung an die Folgen des Klimawandels für ein nachhaltiges Schweizer Ernährungssystem.
Bundesrat 2023: Kohlenstoffsequestrierung in Böden. Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulats 19.3639 Bourgeois vom 18. Juni 2019.
Wüst et al. 2015: Locating organic soils for the Swiss greenhouse gas inventory. Agroscope Science 26.
Wüst-Galley et al. 2020: Land use-driven historical soil carbon losses in Swiss peatlands. Landscape Ecology 35.

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