Pflanzenschutzmitteleinsatz in der Schweiz
Um Massnahmen zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln (PSM) in der Landwirtschaft zu prüfen, ist es wichtig, die Mengen und die Kulturen zu kennen, in denen sie eingesetzt werden. Im Rahmen der Zentralen Auswertung Agrarumweltindikatoren ZA-AUI (Gilgen et al. 2023) wurden deshalb seit 2009 unter anderem detaillierte Daten zum landwirtschaftlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erhoben, ausgewertet (de Baan et al. 2020) und in verschiedenen Forschungsprojekten verwendet (Lutz et al 2023, Mathis et al. 2023, Waldvogel et al. 2018).
Nach 14 Jahren wurde die ZA-AUI im Jahr 2022 eingestellt und wird seit 2023 vom neuen Monitoring des Agrarumweltsystems Schweiz (MAUS) abgelöst. Eine interaktive Visualisierung der erhobenen Daten im Rahmen der ZA-AUI findet sich hier: Acroscope-App.
Pflanzenschutzmitteleinsatz variiert zwischen Kulturen
Anhand der Daten der ZA-AUI kann die Häufigkeit des Pflanzenschutzmitteleinsatzes (Anzahl Interventionen) und die dabei durchschnittlich eingesetzte Wirkstoffmenge (in kg/ha) pro Kultur und Wirkstoffgruppe berechnet werden (Abbildung 1; genaue Methode der Berechnung siehe de Baan et al. 2015). Da zurzeit nicht für alle Kulturen und Anbausysteme repräsentative Daten vorliegen, beschränkt sich die Auswertung in diesem Bericht auf den konventionellen Anbau und schliesst unterrepräsentierte Kulturen (z. B. Gemüsebau) aus.
Abbildung 1: Oben: Mittelwerte der Anzahl Interventionen pro Kultur und Wirkstoffgruppe (2009–2022). Unten: Mittelwerte der applizierten Wirkstoffmengen (in kg/ha) je Kultur und Wirkstoffgruppe (2009–2022). Bei Winterweizen, Wintergerste und Raps wurde nur der Nicht-Extenso-Anbau berücksichtigt. Einige Wirkstoffe können verschiedenen Wirkstoffgruppen zugeordnet werden. Grundsätzlich stimmt die Zuordnung der Wirkstoffe zu den Wirkstoffgruppen mit der EURSTAT-Klassifikation überein, d.h. Mineralöle/Paraffinöle wurden den Insektiziden, Kaliumhydrogencarbonat den Fungiziden und Rapsöle der Wirkstoffgruppe «Andere» zugeordnet.
Nicht alle Kulturen werden gleich intensiv behandelt
Die Aufzeichnungen für die Jahre 2009 bis 2022 zeigen, dass Dauerkulturen wie Kernobst und Reben am intensivsten behandelt wurden, sowohl in Bezug auf die Anzahl der Interventionen pro Jahr als auch auf die durchschnittlich applizierte Wirkstoffmenge (Abbildung 1). In diesen Kulturen wurden hauptsächlich Fungizide und Insektizide eingesetzt. Im Gegensatz dazu wurden die meisten Feldkulturen (Wintergerste, Winterweizen, Raps, Hülsenfrüchte, sonstiges Getreide, Mais) seltener mit Pflanzenschutzmitteln behandelt, und die ausgebrachte Wirkstoffmenge war geringer im Vergleich zu den Dauerkulturen.
Einsatzmengen pro Kultur, Jahr und Wirkstoffgruppe
Die Multiplikation der durchschnittlichen Wirkstoffmenge pro Kultur mit der Gesamtanbaufläche der jeweiligen Kultur in der Schweiz ergibt eine Schätzung der insgesamt verwendeten Wirkstoffmenge (in Tonnen) pro Kultur und Wirkstoffgruppe (Abbildung 2).
Abbildung 2: Schweizweite Hochrechnung des Wirkstoffeinsatzes in Tonnen [t] von Herbiziden, Fungiziden, Insektiziden, Molluskiziden, Wachstumsregulatoren und Andere auf Daten-Basis des Agrarumweltmonitorings und der kulturspezifischen Anbauflächen für die Jahre 2009 bis 2022. Da die Daten für den biologischen Anbau nicht repräsentativ waren, wurde nur der nicht-biologische Anbau berücksichtigt.
Überwiegend Herbizide und Fungizide eingesetzt
Insgesamt waren Fungizide und Herbizide die Wirkstoffgruppen mit den grössten hochgerechneten Einsatzmengen (pro Jahr durchschnittlich 475 t bzw. 394 t), gefolgt von Insektiziden (76 t).
Im Zeitraum 2009–2022 nahmen über alle betrachteten Kulturen die hochgerechneten Einsatzmengen an Herbiziden um 56 Prozent ab. Herbizide wurden hauptsächlich bei Zuckerrüben (durchschnittlich 22 % des hochgerechneten Herbizideinsatzes) und Mais (20 %) eingesetzt. Obwohl auf Wiesen, Weiden und Brachflächen nur geringe Mengen an Herbiziden pro Hektar ausgebracht wurden, entfiel aufgrund der grossen Gesamtfläche dieser Nutzungsarten ein Anteil von 11 Prozent der hochgerechneten Gesamtmenge an Herbiziden.
Auch bei den Fungiziden ist über den Betrachtungszeitraum ein leicht abnehmender Trend sichtbar. Dies liegt wohl daran, dass die Anbaufläche von Bio- und Extenso-Getreide (d. h. ohne Einsatz von Fungiziden, Insektiziden und Wachstumsregulatoren) in diesem Zeitraum zu- und die Anbaufläche von konventionell angebautem Getreide insgesamt abnahm. Der grösste Anteil der hochgerechneten fungiziden Wirkstoffmenge wurde bei Reben eingesetzt (durchschnittlich 58 %), gefolgt von Kernobst (16 %) und Kartoffeln (13 %). Auf Steinobst entfielen dagegen nur zwei Prozent der hochgerechneten Fungizidmenge, da die Anbaufläche von Steinobst im Vergleich zu anderen Kulturen eher klein ist.
Weitere Wirkstoffgruppen
Bei den Insektiziden entfiel der grösste Anteil der hochgerechneten Einsatzmenge auf Kartoffeln (45 %), Kernobst (37 %), Steinobst (6 %) und Reben (4 %).
Bei den Molluskiziden ist ebenfalls ein Abwärtstrend sichtbar, der grösste Teil der hochgerechneten Einsatzmenge entfiel auf Raps (35 %) und Zuckerrüben (29 %).
Der Rückgang des Einsatzes von Wachstumsregulatoren, die vor allem bei Winterweizen (46 %) und Wintergerste (38 %) eingesetzt werden, ist ebenfalls vor allem auf die Ausweitung der Extenso-Weizenanbaufläche und den damit verbundenen Rückgang der konventionellen Weizenanbaufläche zurückzuführen. «Andere» Wirkstoffe (inklusive Rapsöl) wurden v. a. bei Reben (51 % der hochgerechneten Menge) und Kernobst (22 %) eingesetzt.
Die Wirkstoffmenge allein sagt noch wenig über das Risiko aus
Der Einsatz von PSM allein gibt noch keinen Aufschluss über die damit verbundenen Umweltgefährdungen. Es ist daher vorgesehen, die Daten der gesamten Zeitreihe von 2009–2022 hinsichtlich des PSM-Einsatzes und der damit verbundenen Risiken für aquatische Organismen zu analysieren, um die zeitliche Entwicklung der Risiken zu zeigen.
Quellen
Baan, L. de, Blom, J. F. & Daniel, O. Pflanzenschutzmittel im Feldbau: Einsatz und Gewässerrisiken von 2009 bis 2018. Agrarforschung Schweiz 11, 162–174 (2020).
Baan, L. de, Spycher, S. & Daniel, O. Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012. Agrarforschung Schweiz 6, 48–55 (2015).
Gilgen, A., Blaser, S., Schneuwly, J., Liebisch, F. & Merbold, L. The Swiss agri-environmental data network (SAEDN): Description and critical review of the dataset. Agricultural Systems 205, 103576 (2023).
Lutz, E., Blom, J. F., Schneuwly, J. & Baan, L. de. Analyse zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz. Agrosc. Sci. 173, 1–109 (2023).
Mathis, M., Ranke, J., Blom, J. F., Balmer, M. E. & Baan, L. de. Teil 2: Räumliche Modellierung des ökotoxikologischen Risikopotenzials von Pflanzenschutzmitteln für Einzugsgebiete in der Schweiz. (2023).
Waldvogel, T. u. a. Bewertung der Umweltwirkungen und Risiken verschiedener Pflanzenschutzstrategien für fünf Kulturen in der Schweiz. Agrosc Sci 64, 1–174 (2018).
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